In der ersten Juliwoche 2012 erwartet mich ein ganz besonderes Abenteuer. Mein erster Urlaub auf einer Alm in Kärnten – genauer gesagt auf der Wansing-Alm der Familie Meißnitzer im Wolfsbachtal.
Gebucht habe ich bereits Mitte 2011, und die frühzeitige Buchung ist bei Urlaub auf Almhütten generell anzuraten, da der Andrang entsprechend groß ist.
Auf einer gut befahrbaren Almstraße – sofern man nicht mit einem Sportwagen unterwegs ist – geht es in gut 15 Minuten vom Tal aus auf 1730 Meter Seehöhe zur Wansing-Alm. Das Wolfsbachtal ist touristisch kaum bekannt und daher braucht man auch keine Angst davor zu haben, wilden Horden von Bergwanderern zu begegnen.
Oben angekommen erwarten mich strahlend sonniges Wetter und angenehme 22 Grad. Im Gegensatz zu den 35 Grad, die es im Tal hat, eine echte Wohltat.
Uriger Almurlaub
Walli und Hans Meißnitzer, die den ganzen Sommer mit ihren Kindern und den Kühen auf der Alm verbringen, vermieten eine Ferienwohnung in der Wansing-Hütte und dann noch die kleine, urige Peitlerhütte, die gleich daneben liegt.
Klein ist natürlich relativ, denn die Peitlerhütte bietet neben Küche, Stube und Bad immerhin drei Schlafzimmer und somit ausreichend Platz für mich. Auch sonst ist sie mehr als komplett ausgestattet.
Ich war ja bereits im Herbst 2011 für ein „Schnupperwochenende“ dort und so weiß ich bereits, was mich erwartet. Eines der fünf Meißnitzer-Kinder begrüßt mich und sagt, dass die Mama „beim Heing“ (beim Heuen) ist. Die Hütte ist aber offen und ich lade mein Gepäck aus.
Anschließend schnappe ich mir Fotoapparat und Stativ und mache mich auf die Suche nach meinen Vermietern. Mindestens eine meiner Kameras habe ich fast die ganze Woche dabei, da ich wieder einmal ein Zeitraffervideo von meinem Urlaub erstellen werde. Das Ergebnis findet ihr dann in den nächsten Wochen – wenn es endgültig geschnitten und vertont ist – hier.
Ich treffe Walli und Hans, die, mit Rechen bewaffnet, auf dem Weg zu einer der frisch gemähten Wiesen sind. Trotz Maschineneinsatz ist auf einer Alm doch immer einiges an Handarbeit nötig. Die Begrüßung ist herzlich und ich merke, dass ich mich an das Kärntnerische erst wieder gewöhnen muss.
Stallarbeit und Kälbergeburt
Am späten Nachmittag sammeln sich dann die Kühe vor der Peitlerhütte. Sie sind dieses Jahr brav und kommen von selbst von der höher gelegenen Alm herunter zum Melken, erzählt mir Walli.
Eine Kälbergeburt steht auch unmittelbar an und die werdende Kuhmutter befindet sich schon seit dem Vormittag im Stall. Und so passiert es auch, dass die Kuh kälbert, kaum dass wir die ersten Melkzeuge angesteckt haben. Völlig problemlos und so gut wie ohne Hilfe.
Danach geht die routinemäßige Stallarbeit weiter und ich merke, dass ich nichts verlernt habe. Der Stall auf der Alm ist natürlich etwas ganz anderes, als die modernen Ställe, die ich bisher bei meinen Urlauben so erlebt habe. Eng, etwas dunkel, aber auch urig.
Nebenan gibt es noch einen provisorischen zweiten Stall, in dem es noch enger zugeht. Aber ich gewöhne mich schnell an den intensiven Kuhkontakt und bewege mich zwischen den Tieren als ob ich nie etwas anderes gemacht hätte. Irgendwann in Zukunft soll es auch auf der Wansing-Alm dann einen modernen Laufstall geben, verrät mir Walli.
Nach der Stallarbeit decke ich mich bei den Meißnitzers noch mit selbst hergestellten Köstlichkeiten ein. Mit Milch, Almbutter, frisch gebackenem Brot, Speck und würzigem Almkäse. Die Brotzeit lasse ich mir dann vor der Hütte schmecken.
So gestärkt biete ich nichtsahnend meine Hilfe an, als es darum geht, noch ein paar Kälber auf eine höher gelegene Almwiese zu treiben. Schnell merke ich, dass so etwas aber überhaupt nichts mit einem gemütlichen Abendspaziergang zu tun hat. Vor allem dann, wenn die Tiere völlig eigene Vorstellungen davon entwickeln, wo es hingehen soll.
Etliche Liter Schweiß und gefühlte 300 Höhenmeter später sind die Kälber endlich da wo sie sein sollen. Und der Ausblick über das abendliche Wolfsbachtal entschädigt für den anstrengenden Aufstieg.
Nach so viel ungewohnter Aktivität und mit dem Wissen, dass der Wecker am nächsten Morgen bereits um fünf Uhr klingelt, falle ich müde und entspannt ins Bett.
Der Himmel ist strahlend blau und die ersten Sonnenstrahlen beleuchten die Bergspitzen als ich mich zum Stall begebe. Für so einen Anblick lohnt sich das Aufstehen.
Nach dem morgendlichen Melken spazieren die Kühe wieder ganz alleine zu ihren Weideplätzen und Hans fährt mit dem vollen Milchtank ins Tal zur Milchsammelstelle. Während der Schulzeit nimmt er auch noch die Kinder mit nach unten.
Währenddessen sitze ich schon vor der Hütte und genieße das Frühstück in der Sonne.
Innere Ruhe kehrt ein
An das beständige Rauschen des Baches, der direkt an der Hütte vorbeifließt und der auch dafür verantwortlich ist, dass wir hier heroben dank eines Kleinkraftwerks Strom haben, muss ich mich erst gewöhnen. Und auch daran, nichts tun zu müssen. Mich einfach treiben lassen zu können.
Auch die raschen Wetterumschwünge in den Bergen, die ich im Lauf der Woche erlebe, sind gewöhnungsbedürftig. Strahlender Sonnenschein wechselt sich mit Gewitter und Regen ab und der Holzofen in der Hütte wird auch Anfang Juli noch ab und zu gebraucht. So ist das Leben in den Bergen.
Trotz des manchmal unbeständigen Wetters unternehme ich die eine oder andere Bergwanderung. Es ist schon ungewohnt, wenn man dabei keiner Menschenseele begegnet. Dafür hört man die Pfiffe der Murmeltiere und kann ab und zu sogar eines der possierlichen Tiere beobachten.
Ich merke wie ich ruhiger und gelassener werde und die Hektik des Alltags im Tal immer mehr abfällt. Die einzigen Fixpunkte, die ich mir setze, ist die Stallarbeit morgens und abends.
Das Handy funktioniert nur an einer ganz bestimmten Stelle vor der Hütte und mit Internetverbindung ist auch nichts zu machen. Ungewohnt für mich, aber so entspannend, dass es mich die ganze Woche kein einziges Mal ins Tal zieht. Einen Fernseher gibt es zwar, aber ich habe kein Bedürfnis danach, zu wissen, was so in der Welt da draußen vor sich geht.
Am letzten Tag der Urlaubswoche zeigt sich die Wansing-Alm noch einmal von ihrer schönsten Seite. Der Abschied bei herrlichstem Wetter fällt mir schon ein wenig schwer. Allerdings wartet daheim schon meine Frau auf mich und ich kann in den nächsten Wochen beim Schneiden des Films ja noch oft an meinen Almurlaub denken.
Mein Fazit
Mit Bergen sollte man nicht unbedingt auf Kriegsfuß stehen, wenn man Urlaub auf der Wansing-Alm macht. Auch für Handy- und Internetjunkies eignet sich ein Aufenthalt hier wohl eher als Entzugsprogramm. Ansonsten sind hier sowohl Familien mit Kindern als auch Paare und Alleinreisende bei sehr netten Gastgebern gut aufgehoben. Für mich definitiv ein Platz zum Wiederkommen.
Ich bin Thomas Reicher, begeisterter Bauernhofurlauber, Inhaber einer Werbeagentur in Kufstein, Internetportalbetreiber, Fotograf, Bauernhofblogger… Mehr über mich.
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